Die ‚ePA für alle‘ – Chancen und Grenzen am Beispiel der PRRT
Die neue elektronische Patientenakte („ePA für alle“) wird Anfang 2025 ausgerollt. Sie soll den Austausch medizinischer Daten zwischen Leistungserbringern erleichtern und Patienten zugleich die Kontrolle über ihre Gesundheitsinformationen ermöglichen.
Therapien wie die Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) können verdeutlichen, worin die große Chancen, aber auch Grenzen der „ePA für alle“ liegen – vor allem in Hinblick auf die stark ansteigende Anzahl chronischer Krankheiten, denn:
- Die Therapie verläuft in mehreren kurzen stationären Zyklen. Zwischen den Zyklen wird der Patient in Abständen von 6-12 Wochen meist nur ambulant betreut.
- Die PRRT beruht auf einer seltenen Krankheit – einem Neuroendokrinen Tumor (NET). Seltene Krankheiten benötigen seltenes Fachwissen.
- Die Therapie erfordert die Zusammenarbeit diverser Leistungserbringer (z.B. Nuklearmediziner, Onkologe, Gastroenterologe, Hausarzt, Psychotherapeut, Diabetologe).
Dieses Diskussionspapier beleuchtet, wie die ePA als Werkzeug zum Wohle von Patienten und zur besseren Zusammenarbeit von Leistungserbringern genutzt werden kann, aber auch wo ihre Grenzen liegen.
Drei Thesen zur Diskussion im Überblick:
- These 1: Die ePA bietet im Rahmen der Primärversorgung und Notfällen konkrete Vorteile für PRRT-Patienten und Leistungserbringer.
- These 2: Gerade bei seltenen Krankheiten und ihren Therapien wie der PRRT ist auch die Nutzung von Sekundärdaten eine große Chance.
- These 3: Herausforderungen im Hinblick auf die ePA bestehen bei der Erfassung von Real World Daten und bei psychischen Arztbriefen.

Inhaltsübersicht
- Neue Chancen durch die „ePA für alle“:
- Die Bedeutung der Datenvernetzung gerade bei seltenen Krankheiten in Kombination mit langen, phasenweisen Therapien.
- Beispiele aus der PRRT: Vom Krankenhausaufenthalt, über Nebenwirkungserfassung bis zur Nachbetreuung.
- Der European Health Data Space (EHDS) als Vision für den Datenaustausch über Landesgrenzen hinweg.
- Herausforderungen entlang der ePA:
- Unterschiedliche Anforderungen von Hausärzten, Spezialisten und Patienten.
- Datenschutzbedenken: Warum psychische und physische Aspekte unterschiedlich zu bewerten sind.
- Technische Barrieren und Akzeptanzprobleme.
- Die Rolle der Patienten:
- Warum die Mitwirkung der Patienten entscheidend für den Erfolg der ePA ist.
- Herausforderungen bei der Erfassung von Real-World-Daten und PROMs (Patient-Reported Outcome Measures).
- Fazit und Handlungsempfehlungen:
- Wie die ePA künftig eingesetzt werden kann, um den Anforderungen moderner Therapien zu entsprechen.
- Vorschläge für die Integration von ePA und weiteren Infrastrukturen.
Gastbeitrag zum Diskussionspapier
Schnittstelle Hausarzt bei längeren Therapien wie einer PRRT
von Dr. med. Andreas Zillmann, Aschau
https://www.hausarztpraxis-aschau.de
In der Patientenversorgung spielt bei längeren Therapien wie einer PRRT nicht nur die fachärztliche und klinische Diagnostik eine große Rolle. Auch die Verknüpfung der Befundergebnisse mit dem Patienten und den einzelnen Fachdisziplinen ist wichtig. Dem Hausarzt kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Patienten sind meist über längere Zeiträume – oft seit vielen Jahren – in einer Hausarztpraxis in Behandlung. Hier ist der Patient und seine Erkrankungen bekannt. Beginnend mit der Einleitung diagnostischer Schritte bei Beschwerden laufen die Primärbefunde im Idealfall beim Hausarzt zusammen.
Die gemeinsame Bewertung dieser und Planung weiterer Schritte ist bei vielen Patienten wegen des Vertrauensverhältnisses zwischen Hausarzt und Patient sehr wichtig. Gerade bei Krebserkrankungen erfolgt eine Therapie meist in onkologischen Tageskliniken beim Spezialisten, teils auch stationär, zum Beispiel wenn operative Eingriffe nötig sind. Für die Patientenversorgung ist es wichtig über den aktuel-
len Therapieverlauf auf dem Laufenden gehalten zu werden. Dies geschieht über den Arztbrief – er enthält Informationen zur Diagnose, Therapie und weiteren Verlauf. Leider liegt hier oft ein Problem. Die notwendigen Unterlagen erreichen gerade bei längeren teilstationären Therapien wie einer PRRT den Hausarzt erst mit Verzögerung. Im direkten Patientenkontakt z.B. bei Besprechung von akuten Befunden oder Nebenwirkungen sind diese Informationen aber sehr wichtig und werden benötigt, wenn der Patient vor seinem Hausarzt in der Sprechstunde sitzt.
Hier kann die elektronische Patientenakte, die „ePA für alle“, künftig eine Möglichkeit für schnellere Kommunikation bieten – sowohl von Klinik zu Hausarzt als auch für Kollegen in der Klinik.
Erschwert wurde dieser Weg bislang durch die Bürokratisierung und Verkomplizierung der ePA – zumindest in den Vorversionen. Nicht zu vergessen die hohen Kosten, die im Rahmen der Digitalisierung wie selbstverständlich auf die Leistungserbringer abgewälzt werden. Eine Zentralisierung der patientenbezogenen Daten kann künftig ein mühevolles Zusammensuchen verhindern – dies kann gerade in der Notfallsituation in den Notaufnahmen wichtig sein. Bei aller Digitali-
sierung steht für mich aber weiter der direkte Patientenkontakt im Zentrum der Arzt-Patientenbeziehung.
Die „ePA für alle“ kann in vieler Hinsicht ein Hilfsmittel sein – sie darf sich aber nicht zum gewollten Selbstzweck entwickeln, um eine über alle Bereiche schwappende Digitalisierung durchzusetzen.
Der Hausarzt ist und bleibt auch bei teilstationären Therapien wie einer PRRT in vieler Hinsicht die zentrale Schnittstelle für den Patienten – bei ihm sollten die Informationen zusammenlaufen – analog und digital.
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